Stellen Sie sich vor, Mitarbeitende könnten Apps, Flows oder Berichte einfach per Spracheingabe erstellen. Was auf den ersten Blick wie ein Produktivitätsbooster wirkt, kann jedoch schnell zu einem Governance-Albtraum werden. Denn durch Copilot in der Power Platform verschieben sich die Grenzen zwischen Nutzer und Entwickler erheblich.
Wie können Copilot-Funktionen freigeschaltet werden, ohne dass Compliance, Datenschutz und Kontrolle beeinträchtigt werden?
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Unternehmen durch klare Zuständigkeiten, technische Schutzmechanismen und transparente Prozesse die Power Platform samt Copilot sinnvoll und sicher einsetzen können. Wir liefern Admins und Verantwortlichen praxisnahe Tipps, um Transparenz, Kontrolle und Vertrauen zu stärken, ohne den Innovationsfluss zu bremsen.
Copilot unterstützt Citizen Developer durch KI‑gestützte Vorschläge und natürlichsprachliche Generierung von Apps und Automatisierungen. Das demokratisiert die Erstellung von Lösungen. Doch je mehr Möglichkeiten Nutzer haben, desto wichtiger wird es, diese Möglichkeiten zu regulieren:
- Fehlende Transparenz: Wer erstellt was? Welche Datenquellen werden genutzt? Wer teilt welche App mit wem?
- Datenschutzrisiken: Sensible Inhalte können unbeabsichtigt verarbeitet oder in Prompts offengelegt werden.
- Schatten‑IT: KI‑generierte Inhalte entstehen schnell, sind aber ohne Monitoring schwer nachverfolgbar.
- Compliance‑Lücken: KI kann Funktionen vorschlagen, die Fach‑ und Sicherheitsrichtlinien verletzen.
Zudem ist zu beobachten, dass die generative KI auch unbeabsichtigt Unternehmensrichtlinien umgehen oder ungenaue Informationen erzeugen kann – ein Phänomen, das als „AI Hallucination“ bekannt ist. Kritisch wird es, wenn solche Ergebnisse ungeprüft in produktive Systeme einfließen. Deshalb braucht es eine Kombination aus Technik, Prozessen und Befähigung.
Risiken durch unkontrollierte Nutzung
Ein zentrales Risiko liegt darin, dass Copilot‑Funktionen in vielen Umgebungen mit Standardwerten bereitgestellt werden. Ohne Einschränkungen kann dies zu folgenden Problemen führen:
- Veröffentlichung unfertiger oder fehlerhafter Automatisierungen
- Zugriff auf geschützte Daten über generierte Konnektoren und Datenschnittstellen
- Missachtung interner Prüf‑ und Freigabeprozesse (z. B. Vier‑Augen‑Prinzip)
Diese Gefahren unterstreichen, wie wichtig es ist, KI‑Funktionen gezielt und kontrolliert bereitzustellen. Besonders in regulierten Branchen (z. B. Finanzwesen oder Gesundheitswesen) ist eine unkontrollierte Nutzung nicht vertretbar
Welche Kontrollmechanismen stehen zur Verfügung?
Microsoft bietet mittlerweile umfangreiche Governance-Werkzeuge, die auf Copilot-Funktionen ausgeweitet wurden:
- Data Loss Prevention (DLP) Policies: Regeln, welche Datenquellen kombiniert werden dürfen (Business/Non‑Business/Blocked), inklusive Endpoint‑Filtern. DLP greift für manuell und KI‑generierte Artefakte.
- Environment Strategy: Klare Trennung in Dev/Test/Prod mit Pipelines, damit generierte Lösungen nicht direkt in produktiven Umgebungen landen oder entwickelt werden.
- Admin Center & Monitoring: Einsicht in App‑Erstellungen, Flow‑Aktivitäten, Freigaben, Nutzungstrends und – sofern eingerichtet – Audit‑Logs über M365.
- Security Roles & Permissions: Feingranulare Berechtigungen für Zugriff, Erstellung und Freigabe; Least‑Privilege‑Prinzip durchsetzen.
- Sensitivity Labels & Microsoft Purview: Klassifikation, Verschlüsselung und Richtlinien als Teil eines unternehmensweiten Information‑Protection‑Konzepts.
- Managed Environments: Governance auf Umgebungsebene, inkl. Usage Insights, Sharing Controls, Solution Checker‑Durchsetzung und Limits.
Ergänzend hat sich das Center of Excellence (CoE) Starter Kit bewährt: Es liefert Inventarisierung, Dashboards und Maker‑Onboarding – ideal, um Transparenz und Prozesse schnell zu etablieren.
Praxisbeispiel: Copilot für Power Automate absichern
Ein Unternehmen erlaubt Copilot nur in einer dedizierten Sandbox mit restriktiven DLP‑Policies und klaren Deployment‑Pipelines:
- Nur genehmigte Datenverbindungen (z. B. SharePoint, Outlook) und Endpoint‑Filter für externe Dienste
- Zentrales Logging aller Flow‑Erstellungen und Freigaben über das Power Platform Admin Center und das CoE Dashboard
- Eingeschränkte Rollen (keine Premium‑Konnektoren ohne Prüfung, kein Direktzugriff auf produktive Dataverse‑Tabellen)
- Review‑Prozess mit Solution Checker und Vier‑Augen‑Freigabe vor Veröffentlichung in Prod
Das Resultat: Nutzer können kreativ sein, ohne gegen Richtlinien zu verstoßen. Gleichzeitig bleiben Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Qualität gewährleistet.
Handlungsempfehlungen für Admins
- Copilot in einer dedizierten Umgebung testen
• Kontrollierte Einführung mit klaren Testzielen und definiertem Funktionsumfang
• Reduziert Risiken beim initialen Rollout und schafft belastbare Learnings
- Transparenz schaffen
• Aktivieren Sie Audit‑Logs und Überwachung für Copilot‑Aktivitäten sowie Freigaben
• Dokumentieren Sie, welche Features nutzbar sind, samt Verantwortlichkeiten und Kontaktpunkten
- Verbindliche DLP‑Richtlinien definieren
• Klare Connector‑Klassifizierung, Endpoint‑Filter und Tenant‑Isolation (wo möglich)
• Nutzungsszenarien mit Compliance‑Risiko blockieren; Ausnahmen über genehmigte Prozesse
- Trainings und Awareness schaffen
• „Copilot Readiness Sessions“ zu sicherer Nutzung, Prompt‑Hygiene und Datenschutz
• Inhalte: Richtlinien, Best Practices, rechtliche Grundlagen, Beispiele für gute Prompts
- Managed Environments gezielt einsetzen
• Aktivieren Sie Managed Environments für sensible Bereiche und erzwingen Sie Solution Checker
• Nutzen Sie Usage Analytics, App Sharing Controls und Limits
- Governance‑Bericht etablieren
• Monatliche/vierteljährliche Berichte zu Copilot‑Nutzung, Flows, App‑Generierung und Freigaben
• KPIs: aktive Maker, DLP‑Verstöße, Zeit bis Prod
- Rollenbasierte Bereitstellung umsetzen
• Nicht jede Rolle braucht alle Copilot‑Funktionen; gestaffelte Berechtigungskonzepte
• Pilotgruppen, Feature‑Flags und schrittweise Ausweitung nach Reifegrad
- Ethische Leitlinien entwickeln
• Definieren Sie akzeptable Anwendungsfälle, Transparenzpflichten und Dokumentation
• Verhindern Sie diskriminierende, irreführende oder ungewollte KI‑Nutzung; legen Sie Eskalationswege fest
Fazit
Copilot ist ein starker Hebel für Effizienz und Innovation in der Power Platform – bringt aber neue Governance‑ und Sicherheitsanforderungen mit sich. Erfolgreiche Unternehmen kombinieren technische Kontrollen (DLP, Rollen, Managed Environments) mit Prozessen (Dev/Test/Prod, Reviews, Freigaben) und Befähigung (Training, klare Policies). So sichern sie Produktivität, Qualität und Compliance gleichermaßen.
Key Take‑aways
- Ohne Governance keine sichere Copilot‑Nutzung
- Microsoft bietet umfangreiche Werkzeuge für Kontrolle und Transparenz
- Eine dedizierte Umgebung für Copilot‑Tests ist der ideale Einstieg
- Awareness‑Programme und klare Policies schaffen Vertrauen und Sicherheit
- Managed Environments sind ein Schlüssel zur Skalierung
- Ethische Leitlinien runden ein verantwortungsvolles Copilot‑Konzept ab
Ausblick
Die Integration von Copilot in weitere Bereiche der Power Platform (z. B. Power Pages, Dataverse, Power BI) schreitet voran. Mit jeder Funktion steigt der Bedarf an durchdachter Governance. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, strategische Weichen zu stellen – inklusive klarer Qualitätskriterien, Auditierbarkeit und ethischer Leitplanken. Perspektivisch sollten Unternehmen generative KI im Citizen Development entlang von Fairness, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Verantwortung steuern – und diese Prinzipien in den Lebenszyklus jeder Lösung einbetten.
Shorty – Kurzfassung in 5 Bullet Points
- Problem: Copilot ermöglicht schnelle App‑/Flow‑Erstellung, birgt aber Governance‑ und Datenschutzrisiken.
- Lösung: DLP‑Policies, Admin‑Monitoring, Security Roles, Managed Environments und getrennte Umgebungen.
- Beispiel: Dedizierte Copilot‑Sandbox mit beschränkten Konnektoren, Logging, Pipelines & Review‑Prozessen.
- Handlung: Schrittweise Einführung, Richtlinien definieren, Schulungen durchführen, KPIs & Berichte etablieren.
- Ausblick: Wachsende Copilot‑Funktionen erfordern kontinuierliche Governance‑Anpassung und ethische Leitplanken.